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Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserkraft sind bereits spürbar. Steigende Temperaturen, schmelzende Gletscher und veränderte Niederschlagsmuster beeinflussen das Wasserdargebot in den Bergen – und damit auch die Produktion von erneuerbarem Strom. Doch wie genau wirken sich diese Veränderungen auf die Laufwasserkraftwerke der BKW aus?
Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, hat die BKW ihr Laufwasserkraft-Portfolio einer umfassenden Bewertung unterzogen. Basierend auf den Klimaszenarien CH2018 und den hydrologischen Projektionen HydroCH2018 haben Aline Baumann, Fachspezialistin Umwelt Hydro bei der BKW und Christian Müller, ehemaliger Portfoliomanager bei der BKW, verschiedene Zukunftsszenarien modelliert – von starkem Klimaschutz bis hin zu ungebremsten Emissionen. Der Fokus lag dabei auf den nächsten Jahrzehnten, insbesondere auf den Zeithorizonten Mitte und Ende Jahrhundert.
Mehr Winterstrom, aber auch neue Herausforderungen
Die zentrale Erkenntnis: Über das Jahr hinweg bleibt die Wasserkraftproduktion wahrscheinlich relativ stabil, jedoch ist mit saisonalen Verschiebungen zu rechnen. Es gibt eine Vorverlagerung der maximalen Abflüsse im Sommer. Während im Sommer generell mit abnehmenden Pegeln zu rechnen ist, wird im Winter der Abfluss tendenziell zunehmen. Besonders in alpinen Gebieten wie etwa Kandergrund ist dieser Effekt deutlich sichtbar. «Wir haben nun erstmals eine detaillierte Bewertung gemacht, die nicht nur auf einem Gefühl basiert, sondern auf konkreten Modellen», erklärt Aline Baumann. «Das bestätigt die Annahmen, die wir bisher hatten: Die Wassermengen verschieben sich im Jahr, die Jahresproduktion dürfte aber relativ stabil bleiben.»
Ein positiver Aspekt dieser Entwicklung: Die Wasserkraftproduktion im Winter könnte steigen. Das bedeutet mehr erneuerbare Energie in einer Zeit, in der die Schweiz ohnehin einen höheren Strombedarf hat. Doch die klimabedingten Veränderungen bergen auch Risiken. Häufigere Extremereignisse wie Starkregen oder Hochwasser könnten dazu führen, dass grosse Wassermengen ungenutzt abfliessen – eine Herausforderung für die Planung und Steuerung der Anlagen. «Ja, wir erwarten in Zukunft mehr Wasser im Winter – aber das bedeutet nicht automatisch mehr Stromproduktion», sagt Baumann. «Wenn zu viel Wasser auf einmal kommt, kann das Hochwasser auslösen. Solche Extremereignisse nehmen zu, die Verteilung ist aber schwer vorhersehbar und genau das ist eine grosse Herausforderung für den Betrieb von Kraftwerken.»

Was bedeutet das für die Wirtschaftlichkeit?
Die Bewertung beleuchtet nicht nur die Produktionsmenge, sondern auch die Wirtschaftlichkeit. Der sogenannte Net Present Value (NPV) – also der finanzielle Wert der Anlagen unter Berücksichtigung künftiger Einnahmen und Kosten – wurde für verschiedene Klimaszenarien berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass Laufwasserkraftwerke trotz Klimawandel eine stabile Investition bleiben können.
Falls der Klimaschutz nicht verstärkt wird, könnte das sogenannte Wasserdargebot langfristig abnehmen – mit negativen Auswirkungen auf die Produktion und den wirtschaftlichen Ertrag. Vor allem das Abschmelzen der Gletscher, die aktuell noch als natürliche Wasserreservoire dienen, stellt eine grosse Unsicherheit dar. «Bis Mitte Jahrhundert rechnen wir in alpinen Gebieten zum Teil mit mehr Wasser – vor allem dort, wo noch Gletscher im Einzugsgebiet sind», sagt Baumann. «Aber irgendwann sind diese Gletscher weg. Dann fehlt dieses zusätzliche Wasser, und das ist eine grosse Herausforderung für die langfristige Wasserkraftnutzung.»
Wasserkraft bleibt wichtig, aber wir müssen handeln
Die Studie zeigt klar: Wasserkraft bleibt eine zentrale Säule der Schweizer Energieversorgung, doch sie steht vor Veränderungen. Die saisonalen Verschiebungen und Extremereignisse müssen in der künftigen Planung berücksichtigt werden, um eine nachhaltige und wirtschaftlich stabile Stromproduktion zu gewährleisten. Zudem macht die Analyse deutlich: Ohne Klimaschutz droht langfristig eine Abnahme des Wasserdargebots. Die Gletscher, die heute noch als natürliche Speicher dienen, werden verschwinden. Umso wichtiger ist es, frühzeitig Massnahmen zu ergreifen – für eine sichere und nachhaltige Energiezukunft. «Hydrologische Szenarien zeigen: Wenn wir jetzt nichts tun, wird sich das Wasserdargebot langfristig verringern. Das bedeutet weniger Produktion und steigende Herausforderungen für unsere Kraftwerke», fasst Baumann zusammen. «Deshalb ist Klimaschutz nicht nur ein Umweltthema, sondern auch ein Energiethema.»
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