Welche Position hat die BKW zum geplanten Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU?
Die BKW unterstützt den Abschluss eines Stromabkommens zwischen der Schweiz und der EU. Ein Stromabkommen bringt der Schweiz mehr Versorgungssicherheit und mehr Innovationen im Strommarkt. Das Stromnetz der Schweiz ist technisch bereits heute sehr stark ins europäische Stromnetz integriert. Mit einem Stromabkommen erhält diese technische Integration auch eine langfristig stabile rechtliche Grundlage. Gleichzeitig bleibt die Grundversorgung für private Kundinnen und Kunden erhalten. Detailliert zur Vorlage Stellung nehmen wird die BKW im Rahmen der gestarteten Vernehmlassung. Diese dauert bis am 31. Oktober 2025.
Was sind die Argumente der BKW für ein solches Stromabkommen?
Ein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU verbessert die Versorgungssicherheit der Schweiz erheblich. Mit einem Stromabkommen ist die Schweiz vollständig ins europäische Stromnetz integriert, was die Stabilität des Netzes erhöht. Zudem sichert ein solches Abkommen die notwendigen Kapazitäten für Stromimporte in die Schweiz – gerade auch während der Wintermonate, in denen die Schweiz auf Importe angewiesen ist. So hat die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) deutlich gemacht, dass die Schweiz in Zukunft ohne ein Stromabkommen wesentlich grössere Reservekraftwerke braucht als mit einem solchen Abkommen. Das Stromabkommen ermöglicht somit eine zuverlässige und wirtschaftliche Stromversorgung für die Schweiz.
Die mit einem Stromabkommen verbundene vollständige Marktöffnung ermöglicht allen Konsumentinnen und Konsumenten, ihren Stromlieferanten frei zu wählen. Ein wettbewerbsorientierter Markt begünstigt zudem die Innovation sowie die effiziente Integration der erneuerbaren Energien ins Gesamtsystem.
Welche Auswirkungen hat das Stromabkommen für die privaten Kunden, die heute ihren Strom über die gesetzlich regulierte Grundversorgung beziehen müssen?
Das Stromabkommen und die damit einhergehende Strommarktöffnung führen nicht zu einer Abschaffung der Grundversorgung. Diese wird weiterhin all jenen Haushalten und kleinen Unternehmen (Verbrauch < 50 MWh pro Jahr) offenstehen, welche dies wünschen. Auch eine Rückkehr in die Grundversorgung ist möglich. Damit haben alle Kundinnen und Kunden die Wahlfreiheit zwischen dem freien Markt mit seinen Chancen und Risiken sowie einer regulierten Grundversorgung. Die Öffnung des Strommarktes hat keinen direkten Einfluss auf den Strompreis für grundversorgte Kundinnen und Kunden. Vielmehr kann die Schweiz mit dem Stromabkommen weiterhin selbst bestimmen, wie der Preis in der Grundversorgung gebildet wird. Dies ist Gegenstand der politischen Debatte.
Was passiert mit den Strompreisen?
Ein Blick in die Nachbarländer der Schweiz zeigt, dass die Strompreise in den liberalisierten Märkten dort nicht systematisch höher sind. Ein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU hat im Gegenteil einen dämpfenden Effekt auf die Endkundenpreise: Die Schweiz braucht weniger teure Reservekraftwerke, weil sie sich nicht auf längerfristige Beschränkungen des Imports einstellen muss. Ausserdem wird sie weniger oft Notmassnahmen zur Stabilisierung des Netzes ergreifen müssen, was ebenfalls preissenkend wirkt.
Wird sich die Strommarktöffnung negativ auf den Ausbau der erneuerbaren Energien auswirken?
Nein. Die BKW geht im Gegenteil davon aus, dass sich die Marktöffnung positiv auf den Ausbau der erneuerbaren Energien auswirkt. Neu wird es allen Kundinnen und Kunden möglich sein, ihre Stromlieferanten frei zu wählen und damit gezielter auf erneuerbare Energien zu setzen. Bereits heute sind diese häufig der günstigste Weg, um zusätzliche Energieerzeugungskapazitäten zu realisieren. In Zukunft wird das noch öfter der Fall sein. Dies wird unter anderem dadurch beeinflusst, dass sich der Energiepreis aus mehreren Faktoren zusammensetzt, wobei Lenkungsabgaben eine zunehmend wichtige Rolle spielen (wie beispielsweise der CO2-Preis). Auch Fördermassnahmen beeinflussen den Entscheid für den Ausbau von erneuerbaren Energien. Diese können als Lenkungsinstrument auch bei einer Öffnung des Strommarktes weitergeführt werden.
Ein Blick in die EU zeigt grundsätzlich, dass auch in einem wettbewerblicher Strommarkt erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Obwohl der Markt seit 2007 vollständig liberalisiert ist, geht der Ausbau in vielen Bereichen sogar schneller voran als in der Schweiz. Die Strommarktöffnung behindert den Ausbau von Erneuerbaren Energien nicht, es besteht grosser Investitionswille. Vielmehr sind es die langwierigen Bewilligungsverfahren und die vielen Beschwerden, welche den Ausbau blockieren.
Was sind die Nachteile, wenn es auch in Zukunft kein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU geben sollte?
Ohne ein Abkommen zwischen der Schweiz und der EU im Strombereich besteht die Gefahr, dass die Schweiz zunehmend von Gremien, Handelsplattformen und Koordinationsmassnahmen für einen sicheren Netzbetrieb ausgeschlossen wird. Die Folge davon sind potenziell reduzierte Importkapazitäten und zunehmende ungeplante Stromflüsse durch die Schweiz. Dies gefährdet die Versorgungssicherheit, die Netz- und Systemstabilität und wirkt sich negativ auf den wirtschaftlichen Betrieb von inländischen Erzeugungsanlagen und somit auch auf die Volkswirtschaft aus. Zudem sind die Kosten hoch, wenn die Schweiz wegen eines fehlenden Stromabkommens zusätzliche Reservekapazitäten aufbauen muss.
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